Umzugsplanung: kleine Frau gegen große Männer!

 

Da ich das Urteil zur Zwangsräumung abgelehnt hatte, hatte ich ein Recht, Berufung einzulegen und dazu eine Frist von 1 Monat. Diese hatte mir auch der gegnerische Anwalt eingeräumt, um auszuziehen. D. h., dass ich bis zum 21. Juli die Wohnung zu räumen hatte. Da ich inzwischen eine Wohnung in einer Stadt in einem anderen Bundesland gefunden hatte, bestand auch von meiner Seite nicht mehr der Wunsch, eine Minute länger in Rüdesheim zu bleiben.

 

Nun ging es daran, den Umzug zu organisieren. Mein neuer Mietvertrag begann erst zum 1. Oktober, deshalb mussten die Möbel zwei Monate eingelagert werden und ich suchte gleichzeitig eine Wohngelegenheit über diese zwei Monate. Eine gute Gelegenheit, um festzustellen, welche „Freunde“ frau besser abschreibt, und welche Freunde diesen Status mit einem Sternchen behalten dürfen.

Dasselbe betraf natürlich auch die Familie und die Verwandtschaft.

 

Da ich bisher immer die Umzüge mit meinen Freunden durchführen konnte, diese aber inzwischen auch älter geworden waren und nicht mehr so viel tragen wollten, musste ich es diesmal mit einem Umzugsunternehmen versuchen. Die Kosten wurden, da ich ja meine Möbel einlagern musste und keine andere Wohnung direkten Umzug gefunden hatte, vom Sozialamt übernommen. Also suchte ich im Internet nach Umzugsunternehmen, wählte eines aus Rheinland-Pfalz aus und rief an, um ein Angebot zu erhalten.

 

Ich hatte gut gewählt, der Chef machte einen Termin mit mir aus und am nächsten Tag besichtigte er meine Wohnung, fragte bestimmte Details ab, und schickte mir einen Tag später ein Angebot.

So ein Angebot bestand natürlich nicht nur aus den Preisen und den Leistungen, als gelernte Kauffrau sah ich mir natürlich auch die Geschäftsbedingungen und die Versicherungsleistungen an. Alles war im grünen Bereich, daher schickte ich das Angebot direkt weiter ans Sozialamt.

 

Da gab es dann die erste Hürde – man teilte mir mit, dass ich noch zwei weitere Angebote einzureichen hätte. Da nur noch 2 Wochen bis zum Auszugsdatum blieben, bekam ich natürlich einen meiner berühmten Wutanfälle. Ich teilte der Beamtin mit, dass ich zwischen lauter Kartons stände, den Umzug mit allen Kündigungen und Abmontagen von meinen Möbeln zu organisieren hätte, und gewiss nicht noch die Zeit hätte, zwei weitere Verträge durchzuarbeiten. Aber, gegen das Verdikt einer Beamtin ist nichts zu machen, ich musste also noch zwei weitere Unternehmen finden.

 

Ich suchte wieder im Internet und stellte fest, dass im Moment ziemlich viele Leute umziehen. Denn es war nicht so einfach, ein Unternehmen zu finden, dass noch einen Termin innerhalb von zwei Wochen anbieten konnte. Ganz im Gegenteil, ein solcher Wunsch war teilweise auch mit einer beachtlichen Preissteigerung verbunden.

 

Schließlich fand ich einen Anbieter mit Sitz in Berlin, der dies für verschiedenen Unternehmen als kommerzieller Ansprechpartner organisierte, und da ich in Paris in einem ähnlichen Unternehmen gearbeitet hatte, forderte ich ein Angebot an. Alles lief online, so dass die Anfrage flott ging, und ich wurde auch zeitnah zurückgerufen. Das zweite Unternehmen suchte ich in der Region. Als alle Angebote da waren, (die beiden letzteren waren günstiger, aber die Verträge waren nicht sehr korrekt!), schickte ich sie ans Amt, um die Kostenzusage zu bekommen. Mit meiner Empfehlung für das erste Unternehmen, dessen Chef ich ja kennen lernen durfte, das aber teurer war, den gute Leistung ist eben mal teuer.

 

Den ersten Zuschlag bekam das Berliner Unternehmen. Also arbeitete ich den Vertrag nochmals durch, da mir der Anbieter nicht sehr vertrauenswürdig erschien. Und siehe da, als ich darauf bestand, den Vertrag mit den korrekten Datumsangaben zu bekommen, steigerte sich der Preis um das Doppelte. Nun, es war kein Wunder, dass das Amt in dem Moment die Zustimmung entzog, und ich jetzt einen neuen Anbieter suchen musste. Und dies alles unter Zeitdruck, inzwischen blieben nur noch ein paar Tage bis zum Auszug und der Anwalt der Eigentümer rief schon an, um einen festen Termin für die Übergabe zu machen.

 

Das zweite Unternehmen sprang jetzt ab, der Termin sei nicht mehr einzuhalten und ich musste, da das dritte Unternehmen immer noch zu teuer war, wieder zwei Angebote einreichen. Inzwischen stand über meinem Haupt immer eine donnernde und blitzende Wutwolke, wenn ich nun wieder mal beim Amt anrufen musste.

 

Also rief ich viele verschiedenen Nummern an, bis nach Frankfurt, um ein Unternehmen zu finden, dass innerhalb einer Woche noch Kapazitäten hatte, um einen Umzug durchzuführen. Ich fand einen Anbieter in der Region, der mir empfohlen worden war. Das Angebot war billiger und fand die Gnade des Amtes, so bestellte ich denn den Umzug für den 19. Juli um 8 Uhr morgens.

 

Den Rest der Woche verbrachte ich mit Einpacken und Vorbereiten, welche  Möbel eingelagert werden sollten, welche ich weiter verschenken würde und welche Dinge ich bei Freunden unterbringen konnte, schließlich sollte mein „Geschäftsbetrieb“ ja weiterlaufen. Um 8 Uhr morgens lagen noch einige Sachen auf dem Boden und den Tischen, (Zeitungspapier und Dinge, die man schnell in einen Karton stecken konnte), für die Bettwäsche und die restlichen Kleider hatte ich mehrere Kleiderkisten im Vertrag stehen. Und meine berühmte Dusche, deren Abfluss immer noch Probleme bereitete, und die ich in der letzten Woche wegen der Packarbeiten vernachlässigen musste, duftete aus diesem Grund ein wenig.

 

Es klingelte, vier Männer standen vor der Tür, traten ein und stapften durch meine Wohnung. Der Möbelwagen stand in der Straße, wie ich mit einem kurzen Blick durch das Fenster feststellte und schien mir ein wenig klein für meine ganzen Möbel. Auch fehlte die Firmenaufschrift, was mir als gelernte Kauffrau ein wenig unangenehm auffiel. Leider war, trotz Zahlungszusagen und meine Unterschrift unter den Vertrag, niemand von dem Unternehmen vorbei gekommen, um eine genaue Aufstellung meiner Möbel und Kisten zu machen.

 

Der Wortführer meldete sich nach einem kurzen Moment bei mir, und meinte, er könne den Umzug nicht machen, meine Wohnung wäre zu unordentlich und er hätte keinen Parkplatz. Ich antwortete, dass die Unordnung nur oberflächlich sei und dass ich mit der Stadtverwaltung abgesprochen hätte, dass der Wagen in der Sackgasse vor meinem Haus parken könne, die Straße ist selten befahren und daher wäre der Umzug so möglich. Für die Anforderung eines Halteverbotes sei die Zeit zu kurz gewesen.

 

Daraufhin rief der Herr seinen Chef an, und meinte, es fehle eine Hebebühne für meine Schränke, um sie aus dem Fenster zu heben und der Wagen müsse dafür in einer befahrenen Seitenstraße auf der anderen Seite des Hauses parken.

 

Damit packte er seine Männer und machte sich davon. Verblüfft ließ er mich zurück und ich machte erst einmal Frühstück für mich und meinen Freund. Da ich nun keine Lust hatte, eine Fahrt des Umzugsunternehmens zu bezahlen, man weiß ja nie, auf welche Ideen so manche Unternehmen kommen, rief ich bei der Geschäftsstelle an, erklärte meinen Standpunkt und fragte, wann der Umzug nun stattfinden könne. Man antwortete mir, es würde ein Parkverbot gebraucht und in meiner Wohnung würde es stinken und alle wäre babschig, so dass Atemmaske und Schutzanzug nötig wären.

Es wurde mit mir ein Termin ausgemacht, um die Wohnung zu besichtigen und diese Behauptungen zu überprüfen.

 

Trotzdem war das eine Behauptung, die an Rufmord grenzte, und deshalb machte ich sie sofort mit Fotos meiner Wohnung öffentlich auf facebook, um eine Falschdarstellung zu vermeiden. Denn ich kenne dieses Milieu, und da ich nach meinem Austritt aus dem letzten Verein den Kontakt zur Oberschicht von Rüdesheim verloren hatte, war dies die einzige Möglichkeit, meine Position darzustellen. Glücklicherweise hatte mich einige Politiker und auch Freude aus dem sozialen Bereich weiterhin in der Freundesliste behalten, obwohl inzwischen viele facebook-Freunde sich von mir abgewandt hatten und der Kreis der Sozialpädagogen mich mit der Begründung entfernt hatte, ich sei nun eine Klientin und werde daher nicht mehr zugelassen.

 

Bisher hatten viele Mitglieder des Sozialpädagogen-Kreises mich persönlich auch zu ihren beruflichen oder Studienproblemen befragt und ich hatte oftmals likes für meine Antworten erhalten. Daher fand ich diese Reaktion doch sehr befremdlich und überlegte, ob da in Deutschland nicht noch etwas aus der Nazizeit übrig geblieben war, in der man sich angewöhnt hatte, Menschen mit Problemen gnadenlos auszugrenzen.

 

Der Vertriebsmitarbeiter kam zwei Tage später, bemerkenswerterweise ohne Gasmaske und Schutzanzug, sah sich meine Wohnung an und wollte nun einen zweiten Termin ausmachen. Dieser lag natürlich hinter dem Termin, den ich mit dem Anwalt der Eigentümer ausgemacht hatte, daher musste ich jetzt, vor diesem Übergabetermin die neuen Gegebenheiten mit dem Sozialamt abstimmen, um dem Anwalt alle Daten für den endgültigen Übergabetermin sagen zu können, um die weiteren Kosten einer Zwangsräumung zu vermeiden.

 

Daher ging ich jetzt dem Amt gewaltig auf den Keks, um eine Kostenzusage zu bekommen, jetzt verlangte das Unternehmen auch eine Zusage für die Auslagerung der Möbel in der neuen Wohnung. Da die zuständige Beamtin einige Tage Urlaub hatte, nervte ich jetzt auch die Vertretung und die Vorgesetzte, die meinte, der erste Anbieter wäre doch der Bessere. Allerdings könne sie keine Zusage machen, die zuständige Beamtin wäre erst am Montag wieder da, bis dahin müsse ich warten.

 

Damit gab ich mich zufrieden, ich hatte vom Amtsgericht eine Beratungshilfe erhalten und diesmal einen Anwalt in Wiesbaden befragt, zu dem mich Gott und ein seriöses Schild geführt hatten, und der hatte mich auch gut beraten. Wenn ich einen Verhinderungsgrund für meinen Umzug vorweisen könne, könne ich bei einer Zwangsvollstreckung eine Beschwerde beim Amtsgericht einreichen.

 

Dann hatte ich den Anwalt am Telefon. Zuerst sagt er mir den Termin ab, dann meinte er, als ich ihm erklären wollte, dass ich mit dem Auszug einen späteren Termin hätte: „Sie haben immer Ausreden, sie müssen ausziehen, ich werde Sie zwangsvollstrecken!“

Ich antwortete: „Ich habe Gründe, die ich nachweisen kann, weshalb das mit dem Umzug nicht klappt, also kann ich Beschwerde einlegen.“

„Sie haben immer Ausreden, ich kann Sie zwangsvollstrecken!“

„Ich habe Ihnen gesagt, dass ich dieses Haus und dieses Kaff lieber heute als morgen verlasse, und dass ich auf die Zusage vom Amt warte, um Ihnen einen genauen Termin zu geben!“

„Ich kann Sie zwangsvollstrecken, sie suchen nur nach Ausreden!“

„Wollen Sie denn die Kosten für Ihre Klienten noch erhöhen oder sind Sie auch vernünftigen Argumenten zugänglich?“

„Ich kann Sie zwangsvollstrecken!“

Völlig außer mir wegen dieser unprofessionellen Verhaltensweise rief ich wütend in den Hörer: „Was wollen Sie eigentlich? Wollen Sie mit mir schlafen?“

Was, wenn man mich kennt, wohl eher eine Drohung als eine Belohnung wäre.

Daraufhin gab es eine kleine Stille im Hörer, dann meinte der Anwalt: „Ich glaube, ich beende hiermit das Gespräch, schicken Sie mir das Datum per Email!“

„Danke, sehr gern!“, antwortete ich erleichtert.

 

Am Montag bekam ich eine Email von meinem neuen Vermieter, in dem mir gesagt wurde, dass ich die neue Wohnung schon am 1. September beziehen könne, und das Umzugsunternehmen teilte mir mit, dass sie erst am 21. August kommen könnten. Ich antwortete, dass dies den Vertrag so verändere, dass nun eine neue Anfrage beim Sozialamt nötig wäre, da nun keine Einlagerung der Möbel mehr nötig sei, dies könne ich mit unnötigen Kosten vor dem Amtsgericht durchsetzen.

 

Daraufhin trat das Unternehmen von dem Vertrag zurück, und ich suchte mir nun neue Anbieter. Inzwischen hatte ich durch meine Telefonate schon einige Anbieter kennen gelernt, das Unternehmen, dessen Chef gekommen war, war natürlich auch darunter, und nun fragte ich gezielt an.

Die zwei alten Hasen, die ich jetzt anrief, reagierten gut. Der eine mit Heimvorteil stellte mir ein genaues Angebot zusammen, nachdem er Möbelliste und Fotos gesehen hatte, das dann natürlich gut ausfiel, und der zweite sagte, er habe bis Ende August keinen Termin mehr frei. Die Zusage kam prompt und nun hoffe ich, dass der Umzug reibungslos abläuft. Wobei es dann doch noch zu einer Terminänderung kam, weil jetzt der Vormieter doch noch länger in der Wohnung bleiben musste, und das neue Unternehmen erst einige Tage später wieder einen Termin frei hatte.

 

Diese wahre Geschichte erzähle ich, um mit dem Vorurteil aufzuräumen, Sozialhilfeempfänger wären an allem, was beim Umzug schief geht, schuld. Das Problem ist, dass sie sich meist nicht so gut verteidigen können wie ich, einige Frauen sollen daher wirklich in gewissen Betten gelandet sein!