Diagnose: „Paranoide Schizophrenie“ –
wie gehe ich damit um?
Bei meiner Aktion in Berlin,
bei der ich mit meinem Koffer in der Hand den deutschen Bundestag, und die
amerikanische und die französische Botschaft besucht hatte, um zu sehen, ob
sich das Auswandern nicht doch eher lohnt, wie der gnadenlose Konkurrenzkampf
in Deutschland, war mein Koffer mit allen Geschäftsunterlagen sowie mein
Computer weggekommen.
Also hatte ich mir nach
meiner Heimkehr einen gebrauchten Computer bei einem Bekannten verschafft, um
wieder auf meine Homepage zu kommen und dort mal aufzuräumen – der Burnout hatte mich wirklich ganz gut getroffen gehabt.
Da es ein altes Modell war,
rief ich nochmals an, um nach der Software zu fragen. Dabei entspann sich eine
Diskussion über die richtige Firma. Ich persönlich arbeite ja lieber mit
Microsoft, weil da die Leute für ihre Arbeit bezahlt werden, erhielt aber die
Warnung, dass dann auch alles in Amerika gespeichert würde.
Ich antwortete: „Das stört
mich weniger. Als ich jemandem über eine Computerverbindung von dem
Krankenhausaufenthalt meiner Mutter erzählt habe, habe ich einige Wochen später
gehört, dass das Krankenhaus mit verschiedenen Krankenhäusern der Umgebung
fusioniert ist, um die Ressourcen kostensgünstiger nutzen zu können.“
Die Antwort war: „Du kennst
ja deine Krankheit, also stell nicht Verbindungen her, wo keine sind.“
Schmerzlich vermisste ich die
weltoffene Einfühlsamkeit der Franzosen, die in dem Moment mit mir eruiert
hätten, ob es denn möglich wäre, dass tatsächlich ein NSA-Mitarbeiter
dieses Gespräch auf der Festplatte in Amerika gefunden hätte.
Also meinte ich: „Na, gut,
aber ich muss gerade an ein Erlebnis aus der Klinik denken. Also, da sehe noch
nicht mal ich eine Verbindung, aber Zufälle gibt es, da musst du kerngesund
sein.“
„Wieso? Was war los?“
„Nun!,
ich hatte mir mein Wasser im Eingangsbereich aus dem Getränkeautomaten gezogen
und bei der Rückkehr auf die Station ging ich an einer Gruppe Ausländer vorbei,
die gerade einen Kameraden in der Klinik besuchten. Dann kam ich in mein
Zimmer, schloss meine Getränke in den Schrank, und da ich müde war, beschloss
ich, noch ein kleines Schläfchen zu machen. Ich suchte also mein Smarty, dass ich mir als Gegenmedizin für die ungeliebten
Tabletten gekauft hatte, denn als die Medikation kam, hatte ich mir gesagt, ich
brauche ein Tablet um unangenehme Nebenwirkungen
auszugleichen. Beim Besuch in Handygeschäft war dann, mangels Geld, ein
geleastes Smarty daraus geworden, das putzige
Spielzeug erreichte aber durch das integrierte Radio die gewünschte Wirkung.
Draußen hörte ich gerade, wie
der Rettungshubschrauber abhob, anscheinend hatte es wieder einen Notfall
gegeben.
So döste ich einige Stunden
vor mich hin, um 18 Uhr hörte ich dann so von ferne die Nachrichten: „Paris: Einem
ausländischem Psychiatriepatienten ist der Ausbruch aus einer Pariser Klinik
gelungen. Beim Besuch seiner Familie hatte ein Familienmitglied ein Gewehr in
die Institution geschmuggelt, mit dem die Belegschaft gezwungen wurde, den
Patienten freies Geleit zu einem Hubschrauber zu gewähren, mit dem er aus der
Klinik geflogen wurde.“
„Arrgh!“,
jetzt saß ich kerzengerade im Bett.
Meine Zimmernachbarin, die
gerade ihre Traumata aufarbeitete, stieß einen Schreckensschrei aus und sprang
im Quadrat.
Kurz fragte ich mich, ob es
angenehmer ist, mit einer Mitpatientin auf dem Zimmer zu liegen, die mir die
ganze Zeit erzählt, dass sie innerlich verwest oder ob meine jetzige angenehmer
ist, die jedes Mal die Belegschaft informiert, wenn ich mich zu hastig bewege.
Daher riss ich mich zusammen
und sagte beruhigend: „Entschuldigung, nichts passiert. Ich hatte einen
Alptraum.“
„Ach so, du hast mich
erschreckt!“
„Entschuldigung!“, meinte ich
nochmals. Dann machte ich mich ganz klein, zog mir die Bettdecke über den Kopf
und stellte das Radio aus.